Was muss ich mir unter dem Begriff „Cloud“ vorstellen, wenn ich davon noch nie gehört habe?
Unter „Cloud“ müssen Sie sich die Möglichkeit vorstellen, dass alles, was bisher auf dem eigenen PC gemacht wurde, von einem großen Rechenzentrum zur Verfügung gestellt wird – egal ob es die Festplatte ist, die bisher lokal im PC war, oder das Programm, das bisher auf dem eigenen PC installiert werden musste. Mit dem entscheidenden Vorteil, dass dem Nutzer der Cloud quasi unendliche Ressourcen zu sehr niedrigen Kosten zur Verfügung stehen und dass es Programme zur Verwendung gibt, die man selbst gar nicht installieren, geschweige denn betreiben könnte. Die Nutzung der Cloud macht das Betreiben von vielfältigen und cleveren IT-Programmen und Anwendungen sehr viel einfacher, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe.
Noch ein Schlagwort geistert durch die Medien. Was ist eigentlich „Big Data“?
Der Begriff „Big Data“ bedeutet eigentlich genau das: nämlich eine große Menge an Daten. Nicht Daten, die einfach nur einmal abgespeichert werden, sondern eine sehr große Menge an Daten, die ununterbrochen aus unterschiedlichsten Quellen und Formaten hereinströmt und verarbeitet werden muss, z. B. Bilddaten, Bewegungsdaten, Verkehrsdaten, Wetterdaten, Einkaufsdaten usw. Aus diesem Wirrwarr an unterschiedlichsten Daten können mit modernen Analysemethoden Information ausgelesen werden. Es entsteht ein Bild, aus dem sich viele interessante Dinge auslesen lassen, etwa das Kaufverhalten von Menschen bei bestimmten Temperaturen an bestimmten Orten zu bestimmten Uhrzeiten. Auf diese Weise können beispielsweise Services, Angebote oder Produkte dahingehend verändert werden, dass sie die optimale Resonanz beim Kunden erzielen.
Auch der Begriff des „Internet of Things“ fällt immer häufiger, wenn es um die Revolutionierung unseres Lebens geht. Können Sie den Begriff näher erläutern?
Natürlich, gern. Wir leben ja mitten in der digitalen Revolution, bestehend aus Cloud, Big Data, Mobility und Social Media. Diese vier Säulen stellen die aktuelle Revolution dar. Alle Bereiche des Wirtschaftslebens verändern sich in diese Richtung. Wir produzieren anders, wir kommunizieren anders. Und jetzt kommt noch etwas Neues dazu, nämlich das „Internet of Things“. Das bedeutet, dass bisher isolierte Gegenstände wie Autos, Glühbirnen oder Waschmaschinen mit Computer-Intelligenz versehen werden und über das Internet miteinander vernetzt werden. All diese Gegenstände liefern Informationen, Stichwort „Big Data“, und tauschen diese Daten auch aus. Eine Glühbirne teilt beispielsweise dem Smartphone mit, dass das Ende ihrer Lebensdauer bald erreicht sein wird. Das Smartphone erkennt, wenn man in einen Baumarkt geht, und schlägt genau zur richtigen Zeit vor, eine Ersatzglühbirne zu kaufen.
Das klingt ja toll …
… hat aber auch negative Aspekte. Da ist immer die Frage, welche Daten gesammelt werden und wie damit umgegangen wird. Man darf ja nicht vergessen, dass da auch Daten über Menschen, über deren Verhalten und deren Bewegungen gesammelt werden. Das ist höchst problematisch. Gleichzeitig darf man auch nicht vergessen, dass jedes Gerät mit einem Computer und einer Netzwerkadresse auch ein potenzielles Angriffsziel ist. Wenn in einer Stadt alle Glühbirnen vernetzt sind, kann ich als Hacker theoretisch alle Lichter auf einmal ausschalten. Diese technologische Entwicklung darf nicht völlig blind angenommen werden, sondern man muss sich kritisch damit auseinandersetzen. Es gibt ein sehr großes Potenzial für Vorteile und Verbesserungen im Alltag – auf der anderen Seite sind die Themen Sicherheit und Datenschutz oft heikel.
Ist das noch Zukunftsmusik?
Nein. Faktum ist, dass diese Dinge ohnehin schon passieren. Diese Vernetzung im „Internet of Things“ kommt so sicher wie das Amen im Gebet.
Wie wirken sich diese neuen Trends eigentlich auf die Anforderungen an unser Bildungssystem aus?
Bei jeder industriellen Revolution sind die Anforderungen an ein Bildungssystem gigantisch, weil die technologischen Veränderungen ja immer viel schneller ablaufen als Gesellschaft, Politik und Bildung sich anpassen können. Vor hundert Jahren wurden statt Automechanikern weiterhin Sattelmacher ausgebildet. Die konnten zwar weiterhin Sättel und Peitschen herstellen, nur gebraucht hat sie keiner mehr. Wir bringen jungen Menschen nicht jene Sprachen bei, die notwendig wären, um in dieser digitalen Revolution zu bestehen, um die neuen technologischen Anwendungsfälle zu verstehen. Jedoch nur jene, die sich mit diesen neuen Technologien gut auseinandersetzen können, werden in der Lage sein, in dieser neuen technologischen Welt Wertschöpfung zu generieren. Und unseren hohen Lebensstandard werden wir nur durch viele solche Menschen erhalten können. Die klassischen Bildungsangebote von heute nehmen leider noch immer viel zu wenig Bezug auf die neuen Herausforderungen. Wir sind bereits im Hintertreffen.
Kommen wir zurück zum Thema Cloud. Welche Herausforderungen kommen da in Zukunft auf Anbieter zu?
Viele Cloud-Anbieter haben das Problem, dass sie zwar gute Ideen haben und diese meist auch gut entwickelt sind, dabei übersehen sie aber oft, sich mit den anderen Qualitätsaspekten eines Cloud-Services auseinanderzusetzen. Ein Cloud-Service ist noch nicht gut, wenn die Funktionalität stimmt. Es muss auch die berechtigten Qualitätserwartungen der Nutzer erfüllen. Und diese Erwartungen sind vielfältig. Neben technischen Ansprüchen, Sicherheitsfragen, Verfügbarkeit und Transparenz bis hin zu den juristischen Ansprüchen spielt da vieles mit. Viele Anbieter verstehen leider noch nicht, wie man für die eigenen Cloud-Dienstleistungen in all diesen Bereichen einen hohen Reifegrad erreicht. Da sind noch sehr viele Hausaufgaben zu machen. Jedoch muss an dieser Stelle auch angemerkt werden, dass auch sehr viele Cloud-Nutzer heute nicht in der Lage sind, das gewünschte Anspruchsniveau an ein Cloud-Service für den jeweiligen Anwendungsfall ausreichend zu beschreiben.
Kommen wir zum Thema Datenschutz. Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen ergeben sich bei der Nutzung eines Cloud-Services?
Zu allererst muss zwischen personenbezogenen und sonstigen schützenswerten Daten differenziert werden. Zuerst geht es dem Cloud Nutzer darum, seine wertvollen Daten vor Zugriff, Missbrauch oder Manipulation zu schützen. Es ist vernünftig, mit diesen Daten vorsichtig umzugehen. Sie sind das Gold unserer Zeit.
Wenn wir aber von personenbezogenen Daten reden, gelten weit striktere Rahmenbedingungen und Anforderungen, auch gesetzlicher Art. Daher muss man sich bei der Nutzung von Cloud-Services sehr genau überlegen, welche Daten dabei verarbeitet werden sollen, ob es sich auch um personenbezogene Daten handelt, welches Schutzniveau anzustreben ist und wie die gesetzlichen Anforderungen lauten. Datenschutz ist ein komplexes Themengebiet, das für die Nutzer so aufbereitet werden muss, dass sie damit selbstständig umgehen können, ohne ausgebildete Juristen zu sein.
Worin besteht Ihrer Ansicht nach in Zukunft der größte Handlungsbedarf, um für diese digitale Revolution gerüstet zu sein?
Man muss die Veränderungen erkennen, damit man darauf richtig reagieren und sich gut vorbereiten kann. Dafür braucht es eine gute Ausbildung, Forschung und die Vernetzung von Disziplinen. Wir müssen unsere Kinder zu mündigen Nutzern dieser neuen Technologien machen.